Der futurologische Kongreß

Der futurologische Kongreß (polnisch Kongres futurologiczny) ist ein Science-Fiction-Roman des polnischen Autors Stanisław Lem. Der Roman wurde im November 1970 geschrieben und erschien zuerst 1971 im Krakauer Verlag Wydawnictwo Literackie im Band Bezsenność.

Inhalt

Raumfahrer Ijon Tichy, der Protagonist des Romans, nimmt am „Achten Futurologischen Weltkongress“ in Nounas, der Hauptstadt Costricanas teil. Der Kongress findet im 106-stöckigen Hilton-Hotel statt, thematisiert wird die wachsende Überbevölkerung. Gleichzeitig findet (in einem anderen Stockwerk des Hotels) ein Nudisten-Kongress statt, Verwechslungen sind programmiert. Ebenfalls gleichzeitig erhebt sich eine revolutionäre Bewegung gegen den Diktator des Bananenstaats Costricana.

Als Tichy einen Anfall von Güte und alles umfassender Zuneigung erleidet, wird ihm klar, dass der Diktator das Trinkwasser mit „Benignatoren“ versetzt hat, chemischen „Begütigungsmitteln“, die den Aufstand der unzufriedenen Bevölkerung niederschlagen sollen. Da die psychotropen chemischen Waffen nicht ausreichend wirken, setzen Polizei und Militär neben Benignatoren auch konventionelle Waffen ein, und das Hilton wird zunehmend in Mitleidenschaft gezogen. Tichy, Professor Trottelreiner und andere Hotelgäste statten sich mit Sauerstoffgeräten aus und fliehen in die Kanalisation unter dem Hilton.

Nachdem Tichy die Sauerstoffmaske abgenommen hat, hat er eine Reihe grotesker Halluzinationen: Er wird schließlich nach fast vollständiger Zerstörung seines Körpers in einen Behälter mit flüssigem Stickstoff geworfen und wacht erst in ferner Zukunft wieder auf.

Er findet eine Welt vor, in der trotz der weiter angewachsenen Bevölkerung Frieden und allgemeiner Wohlstand herrschen. Über das Wetter wird abgestimmt, Tote können auf Wunsch wiederbelebt werden. Möglich wird dies alles durch die „Psychemie“, der irrationale Teil der menschlichen Psyche wird jetzt durch „Psychemikalien“ unter Kontrolle gehalten. Die Einnahme der jeweils passenden Psychopharmaka ist ein selbstverständlicher Teil menschlicher Umgangsformen. Tichy trifft Professor Trottelreiner wieder, den es ebenfalls in die Zukunft verschlagen hat. Trottelreiner enthüllt ihm, dass in der Zwischenzeit die „Maskone“ entwickelt wurden, chemische Substanzen, die beliebige Gegenstände vortäuschen können. Als Tichy von Trottelreiner ein Gegenmittel erhält, löst sich der ihn umgebende Luxus schlagartig auf, und er sieht stattdessen Armut und Krankheit. Doch es ist nur die oberste Schicht der Täuschungen, die vor seinen Augen abgefallen ist, die Wahrheit ist noch viel schlimmer.

Schließlich erwacht er wieder im Kanal unter dem Hilton, der zweite Kongresstag hat noch nicht begonnen.

Form

Die Geschichte wird vom Protagonisten Tichy erzählt. Ab etwa der Hälfte des Romans nimmt die Erzählung die Form eines Tagebuchs an. Durch den Roman hindurch spielt Lem mit verschiedenen Erlebnisebenen. Er lässt im Unklaren, ob Tichys Erlebnisse „echt“ sind, ob er träumt oder halluziniert. Lem konstruiert die Handlung analog einer Matrjoschka-Puppe, in der immer noch eine weitere kleinere Puppe steckt: Es ist ein Traum im Traum im Traum. In der halluzinierten „Pharmakokratie“, in der der „aufgetaute“ Tichy erwacht, stürzt er von der demaskierten Illusion einer Ebene in die nächste.

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Das Prinzip von Calderóns Versdrama La vida es sueño (dt. Das Leben ein Traum) und Grillparzers Drama Der Traum ein Leben wird multipliziert.

Einordnung

Der futurologische Kongreß ist eines der bekanntesten Werke Lems.

Die Erzählung spielt im selben Universum wie die Sterntagebücher.

Ausgaben

Der futurologische Kongreß wurde dreimal ins Deutsche übersetzt: Die erste Übersetzung erschien 1974 im Frankfurter Insel Verlag, die zweite 1986 im (Ost-)Berliner Verlag Volk und Welt, die dritte von Irmtraud Zimmermann-Göllheim, welche schon Solaris übersetzte, im Suhrkamp Verlag.

  • Kongres futurologiczny (1971)
  • Der futurologische Kongreß. Aus dem Polnischen von Irmtraud Zimmermann-Göllheim. Insel, Frankfurt a. M. 1974, ISBN 3-458-05855-9
  • Der futurologische Kongreß (= Phantastische Bibliothek. Bd. 29). Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1979, ISBN 3-518-37034-0
  • Der futurologische Kongreß. Aus dem Polnischen von Roswitha Matwin-Buschmann. Verlag Volk und Welt, Berlin 1986
  • Der futurologische Kongreß: Aus Ijon Tichys Erinnerungen. Aus dem Polnischen von Irmtraud Zimmermann-Göllheim. Suhrkamp Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-518-47145-6

Verfilmung

Die vierte Folge der Science-Fiction-Serie Ijon Tichy: Raumpilot (Erstausstrahlung 2007) übernahm den Romantitel, obwohl ihre Handlung eher auf der Achten Reise in Lems Sterntagebüchern basierte.

Der Film The Congress von Ari Folman aus dem Jahr 2013 war eine freie Interpretation von Der futurologische Kongreß.

Literatur

  • Bernd Böttcher: Die Illusion der Wirklichkeit in Stanisław Lems „Der futurologische Kongreß“. In: Quarber Merkur. Bd. 102, 2005, ISBN 3-932621-82-4, S. 89–104.

Weblinks

Wikiquote: Stanisław Lem – Zitate
  • Category:Futurological Congress auf /lem.pl/lemopedia
Werke von Stanisław Lem

Science-Fiction-Werke: 1946 Człowiek z Marsa (dt. Der Mensch vom Mars, 1989) | 1951 Astronauci (dt. Der Planet des Todes / Die Astronauten, 1954) | 1955 Obłok Magellana (dt. Gast im Weltraum, 1956) | 1957 Dzienniki gwiazdowe (dt. Sterntagebücher, 1961) | 1959 Eden (dt. Eden, 1960) | 1961 Solaris (dt. Solaris, 1972) | 1961 Pamiętnik znaleziony w wannie (dt. Memoiren, gefunden in der Badewanne, 1974) | 1961 Powrót z gwiazd (dt. Transfer / Rückkehr von den Sternen, 1974) | 1964 Niezwyciężony (dt. Der Unbesiegbare, 1967) | 1964 Bajki robotów (dt. Robotermärchen, 1969) | 1965 Cyberiada (dt. Kyberiade, 1983) | 1968 Opowieści o pilocie Pirxie (dt. Pilot Pirx, 1978) | 1968 Głos Pana (dt. Die Stimme des Herrn, 1981) | 1969 Opowiadania (dt. Nacht und Schimmel, 1972) | 1971 Kongres futurologiczny (dt. Der futurologische Kongreß, 1974) | 1976 Maska (dt. Die Maske, 1978) | 1981 Golem XIV (dt. Also sprach Golem, 1984) | 1982 Wizja Lokalna (dt. Lokaltermin, 1985) | 1986 Pokój na ziemi (dt. Der Flop / Frieden auf Erden, 1986) | 1987 Fiasko (dt. Fiasko, 1986) |

Verschiedene: 1951 Jacht „Paradise” (Theaterstück, mit Roman Hussarski) | 1955 Szpital przemienienia (dt. Die Irrungen des Dr. Stefan T. / Das Hospital der Verklärung, 1959) | 1957 Dialogi (dt. Dialoge, 1980) | 1959 Śledztwo (dt. Die Untersuchung, 1975) | 1964 Summa technologiae (dt. Summa technologiae, 1976) | 1968 Filozofia przypadku (dt. Philosophie des Zufalls, 1983 / 1985) | 1968 Wysoki Zamek (dt. Das Hohe Schloß, 1974) | 1970 Fantastyka i futurologia (dt. Phantastik und Futurologie, 1977 / 1980) | 1971 Doskonała próżnia (dt. Die vollkommene Leere, 1973; Das absolute Vakuum, 1984) | 1973 Wielkość urojona, (dt. Imaginäre Größe, 1976) | 1976 Katar(dt. Der Schnupfen 1976) | 1978 Rozprawy i szkice, (dt.  aufgeteilt auf Sade und die Spieltheorie, 1986; Über außersinnliche Wahrnehmung, 1987; Science-fiction: ein hoffnungsloser Fall mit Ausnahmen, 1987) | 1980 Prowokacja, (dt. Provokation, 1981) | 1983 One Human Minute, (dt. Eine Minute der Menschheit, 1983) | 1983 Weapon Systems of the 21st Century or the Upside Down Evolution, (dt. Waffensysteme des 21. Jahrhunderts, 1983) | 1983 The World as Holocaust, (dt. Das Katastrophenprinzip, 1983) | 1992 Die Vergangenheit der Zukunft | 1996 Tajemnica chińskiego pokoju, (dt. Die Technologiefalle, 2000) | 1999 Bomba megabitowa, (dt. Die Megabit-Bombe, 2003) | 2000 Okamgnienie, (dt. Riskante Konzepte, 2001) | 2003 DyLEMaty | 2006 Rasa drapieżców – Teksty ostatnie | 2009 Sknocony kryminał (posthum) |

Verfilmungen: 1960 Der schweigende Stern | 1963 Ikarie XB 1 | 1968 Solaris | 1972 Solaris | 1974 Die Untersuchung | 1978 Testflug zum Saturn | 2002 Solaris | 2007/2011 Ijon Tichy: Raumpilot

Normdaten (Werk): GND: 1088023398 (lobid, OGND, AKS)