Jan Gerber

Jan-Georg Gerber (* 1976) ist ein deutscher Historiker und Politikwissenschaftler.

Leben

Jan Gerber studierte an den Universitäten Halle und Leipzig Jura, Geschichte, Politikwissenschaft und Medien- und Kommunikationswissenschaft. Von 2000 bis 2003 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter der Landesausstellung Sachsen-Anhalt (Emporium. 500 Jahre Universität Halle-Wittenberg), für die er den Ausstellungsbereich Nationalsozialismus konzipierte.[1] Danach war er Doktorand am Institut für Politikwissenschaft der Universität Halle, wo er 2009 mit einer Arbeit über die Reaktionen der westdeutschen Linken auf den Untergang des Ostblocks promoviert wurde.[2] Die Dissertation wurde von Everhard Holtmann und Richard Saage betreut und von der Friedrich-Ebert-Stiftung gefördert.[3]

Seit 2009 ist Gerber wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 2010 leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Dubnow-Institut (seit 2018: Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur – Simon-Dubnow).[4] Dort leitete er unter anderem die Abteilungen Politik – Institutionen – Recht und Ereignis – Politik – Gesellschaft. 2016 habilitierte sich Gerber an der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Orientwissenschaften der Universität Leipzig (Venia legendi: Neuere und Neueste Geschichte) mit einer Arbeit über den Prager Slánský-Prozess 1952. Die Arbeit erschien 2016 unter dem Titel Ein Prozess in Prag. Das Volk gegen Rudolf Slánský und Genossen als Buch (2. Auflage 2017).[5] Als Gutachter wirkten Dan Diner (Leipzig/Jerusalem), Norbert Frei (Jena) und Alfons Kenkmann (Leipzig) mit.[6] Im Wintersemester 2018/19 war Gerber interdisziplinärer Gastprofessor für kritische Gesellschaftsforschung an der Justus-Liebig-Universität Gießen, im Januar 2024 wurde er zum Honorarprofessor für Neuere und Neueste Geschichte mit dem Schwerpunkt Moderne jüdische Geschichte an der Universität Leipzig berufen.[7]

Am Dubnow-Institut leitet er gegenwärtig die Forschungsabteilung Politik.[8] Ein Forschungsschwerpunkt Gerbers ist die transnationale Geltungs- und Wirkungsgeschichte des Holocaust: Untergründiges Motiv seiner Arbeiten ist die Frage nach den indirekten Folgen der Massenvernichtung.[9] Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Geschichte der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung und der politischen Linken. Jan Gerber schreibt für diverse Zeitungen und Zeitschriften und ist Vertrauensdozent der Hans-Böckler-Stiftung.

Schriften

Monografien

  • Karl Marx in Paris. Die Entdeckung des Kommunismus, München: Piper 2018, ISBN 978-3-492-05891-9.
  • Ein Prozess in Prag. Das Volk gegen Rudolf Slánský und Genossen, Göttingen/Bristol, Conn: Vandenhoeck & Ruprecht 2016; 2. durchgesehene Auflage 2017, ISBN 978-3-525-37055-1.
  • Das letzte Gefecht. Die Linke im Kalten Krieg, Berlin: XS-Verlag 2015; 2. Auflage 2016, ISBN 978-3-944503-10-3; erweiterte Neuauflage 2022, ISBN 978-3-944503-18-9.
  • „Nie wieder Deutschland“? Die Linke im Zusammenbruch des realen Sozialismus, Freiburg i. Br.: Ça ira 2010, ISBN 978-3-86259-100-8.
  • Verborgene Präsenzen. Gedächtnisgeschichte des Holocaust in der deutschsprachigen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung 2009, ISBN 978-3-86593-131-3.

Herausgeberschaften

  • Geschichtsoptimismus und Katastrophenbewusstsein: Europa nach dem Holocaust, zus. mit Philipp Graf und Anna Pollmann. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2022, ISBN 978-3-525-31736-5
  • Die Untiefen des Postkolonialismus, Themenschwerpunkt in: Hallische Jahrbücher Bd. 1 (2021), ISBN 978-3-89320-274-4.
  • Weltgeschichte, Themenschwerpunkt in: Jüdische Geschichte & Kultur. Magazin des Dubnow-Instituts 4 (2020), 4–33 (zus. mit Nicolas Berg, Jörg Deventer und Elisabeth Gallas), ISBN 978-3-86331-533-7.
  • Die Russische Revolution, Themenschwerpunkt in: Jüdische Geschichte & Kultur. Magazin des Dubnow-Instituts 1 (2017), 4–35 (zus. mit Nicolas Berg), ISBN 978-3-86331-372-2.
  • Michael Landmann, Das Israelpseudos der Pseudolinken (1971). Mit einem Vorwort von Henryk M. Broder und einem Nachwort von Jan Gerber und Anja Worm, Freiburg i. Br.: Ça ira 2013, ISBN 978-3-86259-119-0.
  • Curt Geyer, Walter Loeb u. a. „Fight for Freedom!“ Die Legende vom anderen Deutschland, Freiburg i. Br.: Ça ira 2009 (zus. mit Anja Worm), ISBN 978-3-924627-19-5.
  • Rote Armee Fiktion, Freiburg i. Br.: Ça ira 2007 (zus. mit Joachim Bruhn), ISBN 3-924627-98-3.

Weblinks

  • Literatur von und über Jan Gerber im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • http://www.dubnow.de/institut/wiss-personal/pd-dr-jan-gerber
  • Vor siebzig Jahren fand in der Tschechoslowakei ein blutiger Schauprozess statt – er richtete sich vor allem gegen jüdische «Kosmopoliten», die als Agenten des Westens galten, In: NZZ vom 17. November 2022.
  • Die Wiederkehr des kolonialen Blicks. Der Antisemitismus der postkolonialen Theorie, in: FAZ vom 21. September 2022.
  • Karl Marx: Warten auf den großen Knall, in: Die Zeit (Geschichte) 3 (2018).
  • Die Populisten sind Prototypen eines neuen Parteiensystems. Die europäischen Politlandschaften sind im Umbruch – wer ihre Zukunft antizipieren will, muss in die Geschichte blicken, in: NZZ vom 29. August 2020.
  • Shoah und Schablone. Die Gedächtniszeit des Holocaust geht vorbei, in: Jungle World vom 1. August 2019.

Einzelnachweise

  1. Gunnar Berg u. a. (Hg): Emporium. 500 Jahre Universität Halle-Wittenberg. Landesausstellung Sachsen-Anhalt 2002. Katalog zur Ausstellung im Hauptgebäude der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle 2002.
  2. Jan Gerber: "Nie wieder Deutschland"? Die Linke im Zusammenbruch des realen Sozialismus, Freiburg i. Br.: Ça ira 2010.
  3. Vgl. Gerber 2010, S. 28.
  4. Leibniz-Institut für jüdische Geschichte und Kultur - Simon Dubnow. Abgerufen am 18. März 2024. 
  5. Jan Gerber: Ein Prozess in Prag. Das Volk gegen Rudolf Slánský und Genossen, Göttingen/Bristol, Conn: Vandenhoeck & Ruprecht 2016; 2. durchgesehene Auflage 2017.
  6. Vgl. Gerber 2016, S. 9.
  7. Prof. Dr. Jan Gerber, Homepage des Dubnow-Instituts.
  8. Forschungsressort Politik - Dubnow-Institut. Abgerufen am 10. Juli 2021. 
  9. Jan Gerber: Verborgene Präsenzen. Gedächtnisgeschichte des Holocaust in der deutschsprachigen Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung 2009; ders.: Ein Prozess in Prag. Das Volk gegen Rudolf Slánský und Genossen, Göttingen/Bristol, Conn: Vandenhoeck & Ruprecht 2016; 2. durchgesehene Auflage 2017, S. 9 f.; ders.: Karl Marx in Paris. Die Entdeckung des Kommunismus, München: Piper 2018, S. 9–17.
Normdaten (Person): GND: 1129791335 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: no2009203728 | VIAF: 301203811 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Gerber, Jan
ALTERNATIVNAMEN Gerber, Jan-Georg
KURZBESCHREIBUNG deutscher Historiker und Politikwissenschaftler
GEBURTSDATUM 1976