Ingeborg Flagge

Ingeborg Flagge

Ingeborg Flagge (* 1. Oktober 1942 in Oelde) ist eine deutsche Architekturkritikerin und -publizistin. In früheren Jahren war sie Bundesgeschäftsführerin des Bundes Deutscher Architekten BDA in Bonn, Professorin für Baugeschichte und Baukultur in Leipzig und Direktorin des Deutschen Architekturmuseums Frankfurt.

Leben

Nach dem Abitur am Kaiserin-Theophanu-Gymnasium in Köln studierte Ingeborg Flagge zunächst 1962 bis 1963 Englisch an der Universität Cambridge und schloss 1963 mit einer staatlichen Prüfung an der Übersetzer- und Dolmetscherschule Köln ab. Von 1963 bis 1971 studierte sie im Studium generale Philosophie, Alte Geschichte, Sanskrit, Klassische Archäologie und Ägyptologie an der Universität Köln. Von 1966 bis 1971 war sie Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Mit einem Auslandsstipendium der Studienstiftung studierte sie 1967 bis 1969 am University College London, wo sie ihre Dissertation schrieb. 1967 heiratete sie in London den Stadtplaner Otto Flagge. Nach Rückkehr nach Deutschland promovierte Flagge in Klassischer Archäologie und Ägyptologie an der philosophischen Fakultät Köln über die Bedeutung des Greifen im römischen Totenkult und seiner Herkunft um 3400 v. Chr. aus dem mesopotamischen Uruk.

1971 begann Flagge als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit bei der Bundesgeschäftsstelle des Bundes Deutscher Architekten BDA in Bonn. 1974 wurde sie Chefredakteurin der BDA-Zeitschrift der architekt und war dies mehr als zwanzig Jahre. Mit Hilfe des Architekten Kurt Ackermann, München, und des Designers Otl Aicher, Rotis entwickelte sie die Verbandszeitschrift grafisch und inhaltlich zu einer kritischen, viel gelesenen Architekturzeitschrift. 1998 legte sie ihren Posten aus Protest gegen die Abnahme der öffentlichen Qualität von Architektur nieder. Von 1978 bis 1983 fungierte Flagge zudem als Bundesgeschäftsführerin des BDA und vertrat die freien Architekten als Lobbyistin. Ab 1995 bis 2000 hatte Flagge einen Lehrstuhl für Baugeschichte und Baukultur an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) inne, wo sie zukünftige Architekten ausbildete. Im Juni 2000 wurde sie Direktorin des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Frankfurt, wo sie nach einer gründlichen Renovierung des Hauses die Zahl der Ausstellungen verdoppelte und die Besucherzahlen steigerte. 2003 rief sie unter anderem den Internationalen Hochhauspreis der Stadt Frankfurt in Leben, der seither erfolgreich alle zwei Jahre in der Paulskirche verliehen wird. Für Flagge ist „Architektur Wesensausdruck der Zeit“[1], und sie betrachtete ihre Arbeit immer als kritische Begleitung.

Ende 2005 verließ sie zwei Jahre vor Ablauf ihres Vertrages das DAM und ging in den Ruhestand. Als Erklärung sagte sie, dass das Haus in Frankfurt von der Stadt unter anderem nicht die ihm gebührende finanzielle und kulturpolitische Unterstützung erhalten habe.[2][3] Auf Grund solcher Offenheit bezeichnete sie der Architekturkritiker der FAZ, Dieter Bartetzko, als "Dame Courage der Architektur" und attestierte ihr, eine ganz und gar nicht konfliktscheue Frau zu sein.[4]

Seit 1984 ist Flagge auch als freie Architekturkritikerin und -publizistin tätig. Neben zahlreichen Vorträgen, Aufsätzen in der Tages- und Fachpresse hat sie mehr als 80 Bücher zu Architekturthemen verfasst bzw. herausgegeben, darunter zahlreiche Monografien und Architekturführer. Von der Bundesarchitektenkammer erhielt sie den Kritikerpreis, vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz die „Silberne Halbkugel“.

Werke (Auswahl)

  • Ingeborg Flagge: Architektur in Bonn nach 1945: Bauten in der Bundeshauptstadt und ihrer Umgebung. Verlag Ludwig Röhrscheid, Bonn 1984, ISBN 3-7928-0479-4. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Architektur-Licht-Architektur. Karl Krämer Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-7828-4011-9. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Jahrbuch für Licht und Architektur 1992, 1993, 1994, 1995, 1998, 2000, 2001 bis 2002. Verlag Ernst & Sohn, Rudolf Müller Verlag, Berlin, Köln 2003. 
  • Ingeborg Flagge und Wolfgang Stock (Hrsg.): Architektur und Demokratie. Hatje Cantz Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-7757-0402-7. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Wilhelm Kücker, Bayerische Landesbank Luxembourg. Verlag Ernst & Sohn, 1994, ISBN 3-433-02444-8. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Haus der Geschichte Bonn. Gustav Lübbe Verlag, 1994, ISBN 3-7857-0757-6. 
  • Andreas Denk, Ingeborg Flagge: Architekturführer Bonn. Dietrich Reimer Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-496-01150-5. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Schürmann, Entwürfe und Bauten. 1956–1997. Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen/Berlin 1997, ISBN 3-8030-0173-0. 
  • Ingeborg Flagge und Oliver Hamm (Hrsg.): Richard Meier in Europe. Verlag Ernst & Sohn, Berlin 1997, ISBN 3-433-02435-9. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Ackermann und Partner, Bauten und Projekte. Prestel Verlag, München 1998, ISBN 3-7913-1935-3. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Karl-Heinz Schommer, Bauten und Projekte. Junius Verlag, Hamburg 1999, ISBN 3-7913-1935-3. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Geschichte des Wohnens, Bd. 5, 1945 bis heute, Aufbau, Neubau, Umbau. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1999, ISBN 978-3-421-03115-0. 
  • Ingeborg Flagge, Anette Hellmuth: Leipzig, Bauten 1989-1999. Birkhäuser Verlag Basel-Boston, 1999, ISBN 3-7643-5957-9. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Main Tower. Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen/Berlin 2000, ISBN 3-8030-0199-4. 
  • Ingeborg Flagge u. a. (Hrsg.): Das Geheimnis des Schattens. Ernst Wasmuth Verlag, Tübingen/Berlin 2002, ISBN 3-8030-0622-8. 
  • Ingeborg Flagge und Paul Andreas (Hrsg.): Oscar Niemeyer. Birkhäuser Verlag Basel-Boston, Tübingen/Berlin 2003, ISBN 3-7643-6992-2. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): schneider+schumacher, Beziehungen. Junius Verlag Hamburg, 2003, ISBN 3-88506-555-X. 
  • Ingeborg Flagge und Franz Pesch (Hrsg.): Stadt und Wirtschaft. Verlag Das Beispiel, 2004, ISBN 3-935243-38-3. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): complex. Die Architektur von KSP Engel und Zimmermann. Hatje Cantz Verlag, 2004, ISBN 3-7757-1388-3. 
  • Ingeborg Flagge und Romana Schneider (Hrsg.): Revision der Postmoderne. Junius Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-88506-558-4. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Friedensreich Hundertwasser, Ein Sonntagsarchitekt – Gebaute Träume und Sehnsüchte. Die Galerie, Frankfurt 2005, ISBN 3-925782-52-4. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Jo. Franzke Architekten. Springer Science+Business Media, Wien/New York 2006, ISBN 978-3-211-29762-9. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Claus Bury: Gegenläufig. Hatje Cantz Verlag, Hamburg 2006, ISBN 978-3-7757-1887-5. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Volkwin Marg, Architektur ist – natürlich nicht unpolitisch. Prestel Verlag, München 2008, ISBN 978-3-7913-4284-9. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Luxembourg Expo Pavillon 2010 Shanghai. Jovis Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86859-062-3. 
  • Ingeborg Flagge (Hrsg.): Witry & Witry. Deutscher Architektur Verlag, Münster 2018, ISBN 978-3-86859-062-3. 

Weblinks

  • Literatur von und über Ingeborg Flagge im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Ingeborg Flagge. In: archINFORM.
  • Website von Ingeborg Flagge

Einzelnachweise

  1. Hilmar Hoffmann: Frankfurts starke Frauen, Begegnungen 1945 bis heute. Societätsverlag, 2006, ISBN 978-3-7973-1002-6. 
  2. Undiplomatischer Abschied einer umtriebigen Direktorin, FAZ, 15. Dezember 2005.
  3. Vorzeitig: Ingeborg Flagge verlässt das DAM in Frankfurt, BauNetz, 15. Juli 2005.
  4. Dieter Bartetzko: Ingeborg Flagge – Dame Courage der Architektur, FAZ, 1. Oktober 2012.
Normdaten (Person): GND: 11801529X (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n83019466 | VIAF: 73970371 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Flagge, Ingeborg
KURZBESCHREIBUNG deutsche Architekturkritikerin und -publizistin, Professorin, Museumsdirektorin
GEBURTSDATUM 1. Oktober 1942
GEBURTSORT Oelde